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Rohfaser

Allgemeines

Die Verdaulichkeit von Futtermitteln wie frischen, grünen Pflanzen oder Rauhfutter (Heu) hängt von deren chemischer Zusammensetzung ab. Insbesondere die Gerüstsubstanzen spielen dabei eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um Polysaccharide, die zur Stoffklasse der kohlenhdrate gehören und phenolische Vebindungen wie Lignin, die einer Pflanze Festigkeit verleihen und ihr das Höhenwachstum ermöglichen. Die Nährstoffe befinden sich zum großen Teil im Zellinneren, weshalb Enzyme, Fermente oder Mikroorganismen der Säugetiere oder auch Menschen den Inhalt einer Zelle erst nutzen können, wenn die Barriere der Zellwand überwunden wurde. In Abbildung 1 sind Nährstoffe bzw. Nährstoffgruppen und ihre Verdaulichkeit dargestellt1).

Abb. 1: Charakterisierung von Nährstoffen nach ihrer Verwertbarkeit (Verdaulichkeit), verändert nach van Soest (1967)

Auch die Zellwand selbst enthält wichtige Nährstoffe und Bestandteile, die eine physiologische Bedeutung haben. Diese Barriere bildet somit ein wichtiges Maß für den Nutzen eines Futtermittels bzw. von Pflanzen für das Tier. In Abbildung 2 ist schematisch die Zellwand mit der Verteilung ihrer wichtigsten Inhaltsstoffe dargestellt (verändert nach Gidenne et al. (2010)2).

Abb. 2: Schema der Zellwand und die Verteilung der wichtigsten Inhaltsstoffe

Literatur

Heckmann & Mehner (1970) konstatierten bei Rohfasergehalten von 13-14% im Futter eine um 12% schlechtere Futterverwertung. In ihren Untersuchungen konnte die Ansicht, dass hohe Rohfasergehalte den Gesundheitszustand günstig beeinflussen würde, nicht bestätigt werden - im Gegenteil: die Verluste unter den Tieren lagen um 2% höher. Rohfaserarmes Futter mit 5% führte ebenfalls zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes und überdurchschnittlich hohe Verlustraten. Die besten Ergebnisse wurden mit einem Rohfasergehalt von 8-9% erzielt.

Davidson & Spreadbury (1975)3) verwiesen auf die bis dahin geltende Empfehlung von 14% Rohfaser in der täglichen Ration, bestätigten aber mit ihren Untersuchungen an Weißen Neuseeländern die Ergebnisse von Heckmann & Mehner (1970) und ermitteln ebenfalls einen optimalen Rohfasergehalt von 8 - 9% in der Ration. Die Verdaulichkeit der organischen Substanz nahm generell mit steigendem Rohfasergehalt im Futter ab.

Scheelje (1975)4) wies darauf hin, dass das Kaninchen fälschlicherweise immer noch als guter Rohfaserverwerter bezeichnet werde. Er empfahl je nach Fütterungsmethode einen Rohfasergehalt von 7 - 12% in der Ration.

Patton & Cheeke (1981)5) berichteten von Fällen Mukoider Enteritis (ME) bzw. schleimigen Durchfällen, an denen die Tiere kurze Zeit später starben. Nachforschungen ergaben, dass die Tiere Futtermittel mit 22% und mehr Rohfasergehalt erhielten. Dieselben Krankheitsbilder traten jedoch auch bei Futtermitteln mit moderaten Rohfasergehalten von 15 - 20%, aber Zufütterung von rohfaserreicher Nahrung wie Heu auf. Die Autopsie ergab in den meisten Fällen eine Blockierung des Verdauungstraktes. Aus diesem Grund wurde eine obere Grenze für den Einsatz von Rohfaser in Futtermitteln dringend empfohlen.

Grobner et al. (1985)6) zeigten, dass kleine Rassen bzw. Zwergkaninchen offensichtlich nicht in der Lage sind, die entsprechende Futtermenge eines energiearmen Futters mit einem hohen Rohfasergehalt aufzunehmen. Die Verdaulichkeit der Rohfaser ist für größere Rassen offenbar besser, was auf die relativ größeren Verdauungsorgane zurückgeführt wurde.

Lebas et al. (1986)7) wiesen ebenfalls darauf hin, dass bei Angebot eines grob strukturierten, sehr rohfaserreichem Grundfutters Kaninchen nicht in der Lage sind, die Futteraufnahme dem Bedarf anzupassen.

Wolf & Kamphues (1995)8) gingen in ihrer Arbeit auch auf die Verzehrmenge von Rohfaser in verschiedenen Futtermitteln ein. Aus dem Heu wurden dabei die „weicheren, blattreichen Anteile (rohfaserärmer) selektiert“.

Bi You & Chiou (1995)9) wiesen nach, dass der Futterumsatz mit einem Fasergehalt von 11,5% am höchsten war. Mittels Elektronenmikroskopie konnten sie bei einem Rohfasergehalt von 14,5% eine Schädigung der Darmzotten im Blinddarm nachweisen, was sie auf den hohen Rohfasergehalt zurückführten.

Kermauner & Struklec (1996)10) konstatieren bei einem niedrigen Fasergehalt eine negative Beeinflussung der Durchgangszeit der Nahrung durch das Verdauungssystem und bei einem zu hohen Fasergehalt eine Erhöhung der Ammoniakkonzentration im Blinddarm - beides dient der Ausbreitung von Krankheitserregern im Blinddarm.

Wenger (1997)11) zitierte Burke (1992), Herrmann (1989) und Morisse et al (1985), die ebenfalls von Durchfällen durch Rationen mit viel Faser und wenig Stärke berichten. Durch die Aufnahme hoher Mengen unverdaulicher Faser und weniger Stärke stiegen pH-Wert und Ammoniakgehalt im Blinddarm, da die Bildung von Bakterienprotein zurückging.

Lebas (1997)12) verwies auf die schlechte Verdaulichkeit der Rohfaser in europäischen Futtermitteln: sie beträgt nur etwa 10 - 30%, während die Verdaulichkeit der Rohfaser im jungen, natürlichen und weichem Pflanzenmaterial bei 30 - 60% liegt. Durch die schlechtere Verdaulichkeit liefert sie nur etwa 10 - 30% des Energiebedarfs. Somit besitzt sie im Futter (Pellets) nur eine wichtige Funktion: nämlich die der Masse. Der Gehalt in Futtermitteln wird generell darauf ausgerichtet, obwohl die Analysemethoden alles andere als perfekt sind. Als genügend Masse für die Darmfunktion wird deshalb für wachsende Tiere ein Rohfasergehalt von 13-14% empfohlen, für säugende Häsinnen 10-11%.

Lebas (2005)13) stellte in einer zusammenfassenden Arbeit, die 387 Publikationen mit insgesamt 542 Studien zu Futtermitteln enthielt fest, dass über einen Zeitraum von 30 Jahren Versuche in Bezug auf die Rohfaser zu 91,7% an wachsenden Jungkaninchen durchgeführt wurden, wobei das Hauptaugenmerk auf der Wachstumsrate, also der Leistung, lag. In der Studie wurde ein neues Konzept für Empfehlungen der (Mast)-Kaninchenfütterung vorgestellt. Diese betreffen aber nicht mehr allein die Rohfaser, sondern die verschiedenen Zellwandbestandteile Lignin, Cellulose und Hemicellulose.

Der Wert der Rohfaser wird stark durch den Prüfgegenstand beeinflusst. Je nach Pflanzenart oder -teil ergeben sich auf Grund der Analysemethodik Werte, die keinen aussagekräftigen Wert für eine gesunde Ernährung von Tieren liefert. Das ist auch ein Grund, warum viele hunderte Versuche und Studien der vergangenen Jahrzehnte unterschiedliche Ergebnisse und widersprüchliche Aussagen lieferten. Bereits 1872 wies Theodor von Gohren darauf hin, dass die Weender Futtermittelanalyse keine brauchbaren Ergebnisse liefere:

„Die meisten Landwirthe werden wohl die Erfahrung gemacht haben, dass, wenn auch die Futterpassirungen den analytischen Angaben gemäß, noch so äquivalent zusammengesetzt wurden, der wirkliche Erfolg bei Anwendungen verschiedenen Futtermaterials doch wesentlich differirte. Es kann das Jene nicht überraschen, die die chemischen Untersuchungsmethoden einigermaßen kennen.“14)

Analyse

Die Rohfaser (Rf), engl. crude fiber (CF, XF), ist ein Stoffgemisch, welches in der Weender Futtermittelanalyse nach der Behandlung der Trockensubstanz mit verdünnten Laugen und Säuren übrigbleibt. Dieser Rest gilt als unverdaulich. Die Rohfaser ist also kein definierter Nährstoff, erfasst werden zum größten Teil Lignin und ein Teil der Cellulose.

Bei der quantitativen, gravimetrischen (Gewichts-)Analyse wird die Futtermittelprobe mit einer 1,25%igen Schwefelsäurelösung und anschließend mit einer 1,25%igen Natriumhydroxidlösung behandelt. Die Zugabe der Lösungen erfolgt für 30 Minuten nahe des Siedepunktes. Anschließend wird die Probe mit heißem Wasser gereinigt, getrocknet und bei ca. 500°C verascht. Nach einer anschließenden sauren und basischen Behandlung sowie der Subtraktion der Asche verbleibt ein Rest, der als Rohfaser (Rf) bezeichnet wird. Die Behandlung mit einer sauren und anschliessend mit einer basischen Lösung führt dabei allerdings zu einer teilweisen Lösung der Strukturpolysaccharide sowie des Lignins. Diese werden den Stickstofffreien Extraktstoffen zugerechnet.

Für eine Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit wurde die Prüfmethode von verschiedenen Organisationen standardisiert15)16)17)

Detergenzienmethode

Untersuchungen von Peter J. van Soest18), mündeten in eine Analysemethode, die "Detergenzienanalyse" genannt wird. Sie trennt die Zellwandbestandteile von Pflanzen in Lignin und die Strukturkohlenhydratgruppen Hemicellulose und Cellulose. Übrig bleibt ein (Organischer) Rest an Kohlenhydraten, der mit weiteren Analysen genauer bestimmt werden kann. Diese liefern Werte für staerke und zucker. Im Laufe der Jahre wurde die Methode verfeinert und durch weitere Analysen ergänzt.

Mit der Detergenzienmethode nach van Soest werden folgende Stoffgruppen unterschieden:

  • NDF, Neutral Detergent Fibre: gibt den Zellwandgehalt wieder (Cellulose, Hemicellulose, Pektine und Lignin). Je höher der NDF-Gehalt, umso geringer ist die Verdaulichkeit des Futters. Hemicellulosen und Pektine sind zum Teil durch Bakterien gut fermentierbar, während Cellulose schlechter verwertbar ist.
  • ADF, Acid Detergent Fibre: enthält Cellulose und Lignin. Sie ist ein Maßstab für den schlechter fermentierbaren Zellwandanteil. Der ADF-Gehalt hat einen wesentlichen Einfluss auf die Futtermenge, die ein Kaninchen aufnehmen kann. Die Differenz aus NDF und ADF ergibt den Gehalt an Hemicellulosen.
  • ADL, Acid Detergent Lignin: bildet eine Gruppe phenolischer Makromeleküle, gehört also nicht zu den Kohlenhydraten. Es ist selbst unverdaulich und mindert auch die Verdaulichkeit der Cellulose und Hemicellulosen19). Grundsätzlich ist der Anteil von Lignin im Stängel am höchsten, weil es als Stützsubstanz das Höhenwachstum einer Pflanze überhaupt erst ermöglicht. Im Raufutter nimmt der Anteil mit zunehmendem Alter der Pflanze zu. Die Differenz aus ADF und ADL ergibt den Gehalt an Cellulose. Lignin ist der begrenzende Hauptfaktor für die Verfügbarkeit pflanzlicher Zellwandbestandteile für Pflanzenfresser.

Die folgende Abbildung 3 zeigt den Vergleich zwischen Weender Futtermittelanalyse und der Detergenzienanalyse nach van Soest am Beispiel einer Heuprobe.

Abb. 3: Weende- und Detergenzien-Analyse im Vergleich

Analytisch erfasst werden der NDF- und ADF-Gehalt, die Nichtstruktur-Kohlenhydrate (Zucker, Stärke) sowie Hemicellulose und Cellulose werden errechnet.

Tabelle: Übersicht über Analysemethoden für Gerüstsubstanzen in Futtermitteln, verändert nach Ampuero (2008)20)

AFSTABeschreibungReferenz
CFRohfaser (crude fibre), ohne VeraschungsrückstandWeender Methode21)
NDFZellwände (Neutral detergent fibre), unlösliche Fasern in neutralien Detergenzienvan Soest & Wine (1967)22)
aNDFNDF mit Verwendung von hitzeresistenten Amylase-Enzymen (NDF assayed with heat stable amylase)ISO 16472, VDLUFA 6.5.123))
NDFomNDF nach Abzug der Rohasche(NDF expressed as organic matter)VDLUFA 6.5.124))
aNDFomNDF mit Verwendung von hitzeresistentes Amylase-Enzymen und nach Abzug der Rohasche (NDF assayed with heat stable amylase and expressed as organic matter)ISO 16472, Mertens (2002)25)
ADFLignozellulose (Acide Detergent Fibre), unlösliche Fasern in sauren DetergenzienVDLUFA 6.5.226)), van Soest (1963)27)
ADFomADF nach Abzug der Rohasche (ADF expressed as organic matter)VDLUFA 6.5.228))
LigninLignin (Acid detergent lignin (ADL)) nach Behandlung des ADF-Rückstands mit konzentrierter Schwefelsäure (Lignin by cellulose solubilization with sulphuric acid)VDLUFA 6.5.329))

A = Animal Feed Science and Technology30)

Die folgenden Diagramme zeigen beispielhaft den Unterschied zwischen den Werten der Rohfaser aus der Weender Futtermittelanalyse im Vergleich zur Detergenzienanalyse nach van Soest. Benutzt werden Daten für verschiedene, mögliche Futtermittel für Kaninchen. Sie stellen Mittelwerte aus verschiedenen Quellen dar, um Unterschiede zu nivellieren. Die Werte für Pellets sind keine realen Prüfwerte, sondern eine Empfehlung von Lebas (2005)31) für Trockenfutter mit 10% Trockensubstanz.

Zusammensetzung der Werte & Quellenangaben:
Heu: Mittelwert aus frühem und späten Schnitt32)33)34)
Grünfutter: Mittelwert aus frühem und späten Schnitt35)36)
Blattheu: Luzerne, Heu, Blätter37)
Pellets: Empfehlung aus Lebas (2005)38)
Gemüse: Mittelwert eines Gemisches aus Möhre, Kohlrabi, Knollensellerie und Schwarzwurzel39)40)

Abbildung 4 zeigt den Rohfasergehalt in g/kg Trockensubstanz. Die Rohfaser enthält Lignin und einen Teil der Cellulose. Bis Ende der 1990er Jahre galt der Gehalt an Rohfaser als das Maß aller Dinge für die Darmgesundheit von Kaninchen, obwohl es sehr unterschiedliche Empfehlungen gab.

Abb. 4: Rohfaser-Gehalt in g/kg TS

Die Werte zeigen, dass Kaninchen in Bezug auf die Rohfaser z. B. mit Knollengemüse offenbar weniger gut ernährt wären als mit Grünfutter (Gras, Wiese). Die Empfehlung für den Gehalt in Trockenfuttern (Pellets) liegt bei den Werten des Blattheus. Die getrockneten Luzerneblätter (Blattheu) werden deshalb mit aufgeführt, weil sie am ehesten das darstellen, was Kaninchen bevorzugt fressen.

Rohfaser & NDF

Abbildung 5 zeigt zusätzlich neben der Rohfaser den NDF-Gehalt. Die Neutrale Detergenzien Faser, engl.: Neutral Detergent Fibre, enthält im Wesentlichen den gesamten Zellwandgehalt, also Lignin, Cellulose sowie Hemicellulose.

Abb. 5: Rohfaser- und NDF-Gehalt in g/kg TS

Auf Grund der Werte lassen sich folgende, wesentliche Feststellungen treffen:

  1. der gesamte Zellwandgehalt (NDF) liegt für ganze Pflanzen (Heu, Wiese/Grünfutter) am höchsten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Stängelanteil relativ hoch ist. Der NDF-Gehalt in Blättern (Blattheu) liegt mit 340g/kg TS etwas höher als in der eigentlichen Empfehlung für Pellets mit 310g/kg TS. Angegeben ist aber der errechnete Wert von 260g/kg TS (Lignin + Cellulose + Hemicellulose). Die Empfehlungen liefern hier einen Widerspruch, weil es sich um theoretische und nicht um reale Werte handelt. Der NDF-Gehalt der Blätter beträgt das 2,5fache dessen von Gemüse
  2. normalerweise beträgt in der arttypischen Nahrung der NDF-Gehalt ungefähr das Doppelte des Rohfasergehaltes, Gemüse und Apfel bilden hier die Ausnahme. Der Gehalt der beiden Analysewerte ist etwa gleich und zeigt, dass die Angabe der „Rohfaser“ einen falschen Eindruck vermittelt.
  3. Das zeigt, dass dass der Anteil an un- und schwerverdaulicher Faser in gemuese zu gering und der Anteil an leicht verdaulichen Bestandteilen zu hoch ist. Das Resultat ist eine verlangsamte Darmpassage der Nahrung.
  4. Vergleicht man den NDF-Gehalt von gemuese und Apfel mit dem von Pellets und Blattheu, sind erstere am wenigsten geeignet, Anforderungen an den Ballastgehalt eines Futters zu erfüllen. Somit ist die Angabe eines Rohfasergehaltes nicht geeignet, verschiedene Futtermittel und Pflanzenarten in Bezug auf ihren Nährwert und Nutzen für die Darm- und Tiergesundheit zu beurteilen.

Der „Ballast“-Gehalt eines Futters stellt eine wichtige Größe in der Nahrung dar: er sorgt für den nötigen, stetigen Vorschub der Nahrung, weil das Kaninchen bemüht ist, diesen natürlichen, aber relativ nutzlosen Bestandteil der Nahrung zu eliminieren. Außerdem regen Ballaststoffe die Peristaltik der Darmmuskulatur an. Da der verdauliche Anteil in gemuese hoch und der unverdauliche niedrig ist, verlangsamt sich die Passage des Futterbreis durch den Darm. Durch die Zusammensetzung des Futters und der verlangsamten Geschwindigkeit ändert sich auch die Zusammensetzung der Darmflora, insbesondere die des Blinddarms, was Durchfallerkrankungen zur Folge haben kann.

Ein gewisser Anteil schwer verdaulicher Nahrung wie z. B. heu kann den negativen Effekt eventuell reduzieren, jedoch gelangt dadurch die gesamte Nährstoffversorgung ins Schwanken, weil bereits das Gemüse z. T. für negative Bilanzen sorgt, die durch das Heu dann weiter verstärkt werden. Zudem müsste die Zusammensetzung der NDF insgesamt den des Gemüses ausgleichen, was mehr als fraglich ist.

Aus dem Vergleich in Abbildung 5 wird deutlich, dass der Wert der Rohfaser für die Beurteilung in Bezug auf genannten Funktionen eines Ballastgehaltes gänzlich ungeeignet ist. Er erfasst nur einen Teil der Zellwand (Lignin und Cellulose). Während man z. B. meint, der Rohfasergehalt in Gemüse wäre ausreichend, um wichtige Funktionen für die Darmgesundheit zu erfüllen (steter Nahrungstransport, Anregung der Peristaltik, Aufrechterhaltung des Bakterienmilieus im Blinddarm, zeigt der NDF-Gehalt wesentlich realistischer, dass das nicht der Fall ist.

Das bedeutet: wenn ein Kaninchen vorwiegend und dauerhaft mit Gemüse ernährt wird, kann es zu typischen Störungen der Darmgesundheit kommen, die sich z. B. durch Symptome wie Durchfälle äußern.

Eine weitere, wichtige Rolle spielt das Verhältnis der Faserfraktionen zueinander.

Zusammensetzung der NDF

Tabelle 2: Beispielhafte Analysewerte der Struktur-Kohlenhydrate und von Lignin aus NRC, (1982)41), Harcourt-Brown (2002)42)Polowinsky (2008)43) und empfohlene Werte für die intensive Haltung (Mixed feed), aus de Blas, et al. (2010)44). (Alle Werte in g/kg Trockensubstanz)

RfNDFADFCHCADL
Heu30364640235724545
Grünfutter (Wiese)27354933028721944
Heu-kaufen26851128624722539
Blattheu (Luzerne, Heu, Blätter)1803402401606050
Empfehlung180370200140*170*60
Gemüse11613599553044

*errechnete Werte; C=Cellulose=ADF-ADL, HC=Hemicellulose=NDF-ADF, ADF=Acid detergent fibre, ADL=Acid detergent lignin

Die Werte der NDF können zur theoretisch ermittelten Summe (NDF = C + HC + ADL) abweichen. Das hängt davon ab, ob die einzelnen Werte der Fraktionen analysiert oder errechnet wurden.

ADF Saure Detergenzienfaser, engl.: Acid Detergent Fibre: enthält Cellulose und Lignin. Sie ist ein Maßstab für den schlechter fermentierbaren Zellwandanteil. Der ADF-Gehalt hat einen wesentlichen Einfluss auf die Futtermenge, die ein Kaninchen aufnehmen kann. Die Differenz aus NDF und ADF ergibt den Gehalt an Hemicellulosen.

ADL Lignin (auch Lgnozellulose), engl.: Acid Detergent Lignin: bildet eine Gruppe phenolischer Makromeleküle, gehört also nicht zu den Kohlenhydraten. Es ist selbst unverdaulich und mindert auch die Verdaulichkeit der Cellulose und Hemicellulosen). Grundsätzlich ist der Anteil von Lignin im Stängel am höchsten, weil es als Stützsubstanz das Höhenwachstum einer Pflanze überhaupt erst ermöglicht. Im Rauhfutter nimmt der Anteil mit zunehmendem Alter der Pflanze zu. Lignin ist der begrenzende Hauptfaktor für die Verfügbarkeit pflanzlicher Zellwandbestandteile für Pflanzenfresser. Die Differenz aus ADF und ADL ergibt den Gehalt an Cellulose.

In der folgendem Abbildung 6 sind die Werte der Tabelle 2 grafisch dargestellt.

Abb. 6: Zusammensetzung von NDF in g/kg TS

Ballast & Zucker

Kohlenhydrate bilden eine große Stoffgruppe. Zu diesen zählen Polysaccharide, die noch einmal in Stärke und Glykogen sowie Nichtstärke-Polysaccharide unterschieden werden. Erstere können bis hin zu Glucose (Monosaccharid) abgebaut werden, letztere bilden zum großen Teil die beschriebenen Gerüstsubstanzen. In der Tierernährung wird in der Regel mit „Zucker“ die Summe der Kohlenhydrate angegeben, die bis zu Monosacchariden abgebaut werden und somit der Energiegewinnnung dienen können. Abbildung 7 zeigt das Verhältnis der Gerüstsubstanzen zu Zucker, also das Verhältnis von schwer- und unverdaulichen zu den leicht verdaulichen Kohlenhydraten sowie Lignin.

Abb. 7: Zusammensetzung von NDF und Zuckergehalt in g/kg TS

Im Gemüse steht dem geringen schwer- und unverdaulichen Anteil ein sehr hoher Anteil an leicht verwertbaren Kohlenhydraten gegenüber. Der Zuckergehalt in Gemüse beträgt fast das Vierfache des Zuckergehaltes in frischem Grünfutter.

wird fortgesetzt…


1 0 211

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naehrstoffe/rohfaser.txt · Zuletzt geändert: 2023/09/27 20:34 von andreas

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