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Bärenklau

Allgemeines

Abb. 1: Bärenklau, junge Pflanze im April Bärenklau (Heracleum) ist eine Pflanzengattung aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae oder Umbelliferae). Zu dieser Gattung gehören ca. 70 verschiedene Arten, von denen in der folgenden Tabelle einige aufgeführt sind, die in Deutschland vorkommen1):

LateinDeutsch
Heracleum mantegazzianumRiesen-Bärenklau, Herkulesstaude
Heracleum mantegazzianum x sphondyliumBastard aus Wiesen- und Riesen-Bärenklau
Heracleum sosnowskyiRiesen-Bärenklau, Sosnowsky’s Bärenklau
Heracleum sphondyliumWiesen-Bärenklau
Heracleum sphondylium subsp. sibiricumWiesen-Bärenklau
Heracleum sphondylium subsp. sphondyliumWiesen-Bärenklau

Beschreibung

Blütezeit: Juni - Oktober
Futterwertzahl (Heracleum sphondylium): 52)
Toxizität: Giftig + (Vergiftungssymptome nach Aufnahme grosser Pflanzenmengen)3)
Giftpflanze des Jahres 20084)

Die Unterscheidung der einzelnen Heracleum-Arten ist selbst für Spezialisten schwierig. Für die Wuchshöhe von Heracleum mantegazzianum existieren Angaben von 2,5 - 5,5 m 5), für die von Heracleum sosnowskyi von ca. 1,60 m 6) und für Heracleum sphondylium subsp. sibiricum von bis zu 4 m 7). Die Größe der Pflanzen kann jedoch auch innerartlich stark schwanken und ist von weiteren Faktoren wie Bewirtschaftung der Flächen (Mähen), dem Wetter und den Bodenverhältnissen abhängig. Aus diesen Gründen scheinen viele Aussagen zur „Giftigkeit“ einer bestimmten Art fraglich und nur dann zuverlässig, wenn die Bestimmung von einem Experten vorgenommen wurde.

Beschreibungen als Bedrohung der einheimischen Pflanzenwelt durch invasive Arten wie Heracleum mantegazzianum und der Giftigkeit werden auch durch die Presse gefördert, die zum Teil stark übetrieben über verschiedene Fälle berichtet:
„Bärenklau macht Brandenburg zum Gift-Dschungel“8)
„Die Ausbreitung des aggressiven Riesenbärenklaus lässt sich in Deutschland nicht mehr stoppen…“9)
„Der aus Kaukasien stammende Riesen-Bärenklau ist hochgiftig“10)

Die Einstufung der Pflanze als „Giftig +“ beruht auf den photosensibilisierenden Eingenschaften bestimmter Inhaltsstoffe. Der Saft der Pflanzen kann unter Einwirkung von UV-Licht Hautschäden („Wiesendermitis“) verursachen, wobei vor allem unpigmentierte (helle) Haut besonders betroffen sein kann. Die Empfindlichkeit hängt stark vom Individuum und dem Gehalt an Furocumarinen im Pflanzensaft ab. Allgemein wird Heracleum mantegazzianum als deutlich „giftiger“ gegenüber Heracleum sphondylium beschrieben, was sich jedoch auf Grund der Furocumarin-Gehalte nur für den Samen von Heracleum mantegazzianum feststellen lässt und nicht für die Blätter (siehe Tabelle 2).

Ausgewählte Inhaltsstoffe

Rohnährstoffe

Tabelle 1: Rohnährstoffe (in % der Trockenmasse; Heracleum sosnowskyi)11)

Blatt Stengel
Trockensubstanz15,37,60
Rohprotein25,612,1
Rohfett3,743,82
Rohfaser19,423,8
NfE32,532,5
Rohasche18,727,7
Kalium5,257,10
Phosphor0,470,47
Magnesium0,360,19
Calcium1,521,63

Cumarine

Die verschiedenen Bärenklau-Arten enthalten ätherische Öle mit Substanzen, die zu den Cumarinen gezählt werden. Zu diesen wiederum gehören lineare Furocumarine (auch Furanocumarine), deren Grundsubstanz Psoralen darstellt. Vor allem diese Substanzen sind für die Hautreaktionen und krampflösenden Eigenschaften verantwortlich. Zu den linearen Furocumarinen zählen Stoffe wie Bergapten, Xanthotoxin, Imperatorin und Isopimpinellin. Diese kommen in unterschiedlichen Gehalten auch in Pflanzen wie Liebstöckel, Pastinake, Engelwurz und Sellerie vor.

  • Furocumarine in Riesen-Bärenklau12): Angelicin, Bergapten, Imperatorin, Isobergapten, Isopimpinellin, Phelopterin, Pimpinellin, Sphondin, Xanthotoxin in allen Organen, in den Früchten in höchster Konzentration
  • Furocumarine in Wiesen-Bärenklau13): Pimpinellin, Isopimpinellin, Bergapten, Isobergapten, Sphondin, Psoralen (Kraut), Phellopterin (Früchte); in geringen Konzentrationen Angelicin, Xanthotoxin
  • Cumarine in Wiesen-Bärenklau14): Scopoletin, Umbelliferon, Umbelliprenin, Apterin.

Tabelle 2: Furocumaringehalte in verschiedenen Pflanzenteilen; Vergleich von Wiesen- und Riesenbärenklau15)

Wiesen-BärenklauRiesen-Bärenklau
Wurzel [%] 1,01 0,64 - 1,23
Sprossachse [%] - 0,05
Blätter [%] 0,52 - 0,61 0,28
Blüten [%] 0,55 -
Früchte [%] 0,62 3,28

Verwendung

Medizin

Bereits im 1. Jhr. wurde Heracleum sphondylium von Dioskurides in seinem fünfbändigen Werk „De materia medica“16) als Anwendung bei Epilepsie und Mutterkrampf (krampfartige Zusammenziehung des Muttermundes in der Geburt; hysterische krampfartige Anfälle) erwähnt. In verschiedenen, neueren Untersuchungen konnten vor allem für Bergapten17) und Xanthotoxin18) krampflösende Eigenschaften nachgewiesen werden.

Tiernahrung

  • junge Blätter werden gern gefressen, auch getrocknet als Heu; auffällig ist der hohe Verzehr bei Erkrankungen wie Encephalitozoonose, die mit Lähmungen und Krämpfen einhergeht19)

Bilder

Abb. 2: Bärenklau im Mai Abb. 3: Bärenklau, Stengel Abb. 4: Bärenklau, Blüte Abb. 5: Bärenklau im Juni Abb. 6: Bärenklau, Blüte im Juli

Literatur/Internet


1 2 98

1)
OEPP/EPPO (2009): EPPO data sheet on Invasive Alien Plants - Heracleum mantegazzianum, Heracleum sosnowskyi and Heracleum persicum. Bulletin OEPP/EPPO Bulletin 39. page 489–499
2)
Klapp, E.; Boeker, P.; König, F.; Stählin, A. (1953): Wertzahlen der Grünlandpflanzen. In: Das Grünland: Organ der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Grünlandinstitute 2/53. 38-40
3)
CliniPharm/CliniTox: computerunterstütztes Informationssystem für die Pharmakotherapie und klinische Toxikologie. CliniPharm/CliniTox
4)
Botanischer Sondergarten in Hamburg-WandsbekWebseite
5)
Ochsmann, J. (1996): Heracleum mantegazzianum SOMMIER & LEVIER (Apiaceae) in Deutschland. Untersuchungen zur Biologie, Verbreitung, Morphologie und Taxonomie. Feddes Repertorium 107.7-8. Seite 557-595
6) , 11)
Zimmermann, H. (1966): Der Anbau von Bärenklau (Heracleum sosnowski) als Futterpflanze. Wissenschaftl. Zeitschr. d. Humboldt-Universität zu Berlin. (Mathematisch-naturwissenschaftl. Reihe). Jahrg. XV, Heft 2. S 291-296
7)
Tokar, N.(1963): Bärenklau als Futterpflanze und Bienenpflanze. Wiss.-techn. Fortschritt für die Landw.. Seite 231-233
12) , 13) , 14) , 15)
Hänsel, R.; Keller, K.; Rimpler, H.; Schneider, G. (1993): Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis. Drogen E-O. Bd. 5. Berlin [u.a.]: Springer. ISBN 3-540-52688-9
16)
Dioskurides (1. Jhr.): De materia medicaWebseite
17)
Tosun, F.; Kizilay, C. A.; Erol, K.; Kilic, F. S.; Kürkcüoglu, M.; Baser, K. H. C. (2008): Anticonvulsant activity of furanocoumarins and the essential oil obtained from the fruits of Heracleum crenatifolium. Food Chemistry 107. pp 990–993
18)
Luszczki, J. J.; Andres-Mach, M.; Glensk, M.; Skalicka-Wozniak, K. (2010): Anticonvulsant effects of four linear furanocoumarins, bergapten, imperatorin, oxypeucedanin, and xanthotoxin, in the mouse maximal electroshock-induced seizure model: a comparative study. Pharmacological Reports 62. 1231-1236
19)
Rühle, A.; Stiess, V. (2010): Auch Hauskaninchen fressen sich gesund. Selbstmedikation durch Futterselektion. Kaninchenzeitung 15. S. 12-13
pflanzen/monographie/baerenklau.txt · Zuletzt geändert: 2023/09/27 20:35 von andreas

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