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physiologie:fortpflanzung

Fortpflanzung

In Europa beträgt die durchschnittliche Fortpflanzungszeit von Anfang April bis Ende September ca. 204 Tage. Maximal könnten Kaninchenweibchen jährlich 6 – 7 Würfe im monatlichen Abstand zur Welt bringen. Auf Grund von intrauterinen Verlusten ist jedoch die Gesamtzahl im Jahr mit 3-4 Würfen deutlich niedriger. Die mittlere Wurfgröße liegt bei 5 Jungtieren1).

Die Überlebensrate der geborenen Jungtiere bis zum Beginn ihrer ersten Reproduktionsperiode im folgenden Jahr beträgt nur knapp 6%. Rammler werden ab ca. vier Monaten, Weibchen ab etwa 3 Monaten geschlechtsreif. Einen regelmäßigen, erkennbaren Zyklus der Empfängnisbereitschaft gibt es bei Kaninchenweibchen nicht, aber Perioden, in denen sie besonders empfängnisbereit sind (Hitzigkeit).

Die Eizellen reifen in den Graafschen Follikeln in den Eierstöcken der Gebärmutter. 10-12 Stunden nach der Paarung platzen die Follikel und geben die Eizellen frei (Eisprung). Der Paarungsakt selbst dauert nur wenige Sekunden, dem aber ein aufwendiges Werben des Rammlers um die Häsin vorausgeht. Ist der Begattungsakt erfolgreich vollbracht, fällt der Rammler mit einem kurzen, deutlich vernehmbaren Brummlaut regungslos vom Weibchen ab. Die Eizellen werden vom Trichter des Eileiters aufgefangen, wandern in den Eileiter und werden dort von den Spermien des Rammlers befruchtet. Die befruchteten Eizellen wachsen und wandern schließlich in eines der beiden Gebärmutterhörner, wo sie sich in der Gebärmutterschleimhaut einnisten und zum Embryo entwickeln. Nach 31 Tagen öffnet sich der Gebärmuttermund und die Geburt erfolgt.

Eine Freisetzung der Eizellen aus den Follikeln kann auch ohne Paarungsakt stattfinden, z. B. durch Berührungen oder Umwelteinflüsse. In diesem Fall handelt es sich um eine Scheinträchtigkeit, da die Eier nicht befruchtet werden. Trotzdem entstehen durch den Eisprung Gelbkörper, die u. a. das Hormon Progesteron produzieren, welches für die Aufrechterhaltung der Trächtigkeit sorgt und somit eine erfolgreiche Wiederbedeckung während dieser Zeit verhindert. Die Gelbkörper sind nach ca. 18 Tagen abgebaut.

Die sprichwörtliche Fruchtbarkeit der Kaninchen rührt unter anderem daher, dass die Weibchen bereits kurz nach dem Werfen bereits wieder empfängnisbereit sind. Auf Grund des Vorhandenseins zweier Eierstöcke wird gelegentlich über eine so genannte Superfötation spekuliert. Darstellungen darüber erscheinen jedoch widersprüchlich.2) Der Begriff meint eine erfolgreiche, zweite Befruchtung während einer bestehenden Trächtigkeit. Die Folge wäre, dass zwischen zwei Geburten nicht 31 Tage liegen, sondern der zweite Wurf z. B. bereits 14 Tage nach dem ersten zur Welt kommt.

Kaninchenweibchen verfügen über die Möglichkeit, bei Umständen, die die Aufzucht eines Wurfes erschweren oder unmöglich machen würden, Embryonen im Uterus zurückzubilden und aufzulösen – zu resorbieren. Dieser Vorgang wird auch als intrauterine Resorption bezeichnet. Auf diese Weise findet eine natürliche Regulierung der Populationsgröße statt.3)

Die Tragzeit beträgt im Durchschnitt 31 Tage. Der Nestbau kann ca. 14 Tage vor der Geburt der Jungtiere erfolgen und kurz vor der Geburt vollendet sein. Oft wird er aber erst am Tag der Geburt begonnen. Dazu trägt die Häsin Nestmaterial aus Gras und trockenen Pflanzenresten zusammen und rupft sich kurze Zeit vor dem Werfen Bauchfell, mit dem das Nest ausgepolstert wird. Hormonell bedingt sitzt das Bauchfell zu dieser Zeit locker. Nach der Geburt werden von der Häsin die Nachgeburten gefressen.


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1) , 3)
von Holst, D. (2004): Populationsbiologische Untersuchungen beim Wildkaninchen - Der Einfluss von Sozialverhalten und Stress auf Vitalität und Fortpflanzung. Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten NRW (LÖBF) 1/04. 17-21
2)
Röllig, K. R. (2008): Superkonzeption (Superfetation) beim Europäischen Feldhasen. FU Berlin. Diss.
physiologie/fortpflanzung.txt · Zuletzt geändert: 2023/09/27 20:37 von andreas

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