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Fell

Haartypen

Tierhaare können, gemäß ihrer Eigenschaften und Funktionen, in drei Grundtypen eingeteilt werden:

Bei Kaninchen sind die Haarfollikel der Haut in Gruppen angeordnet: Eine Gruppe besteht in der Regel aus einem zentralen primären Haarfollikel (Grannenhaar), der von zwei bis vier seitlichen primären Haarfollikeln (Deckhaar) und 20 bis 50 sekundären Haarfollikeln (Unterhaar) umgeben ist.1)

Haarlängen und -strukturen

Hauskaninchen können weiters unterschiedliche Haarlängen oder Haarstrukturen aufweisen. Für Rassekaninchen2) gibt es folgende Gruppierungen: Normalhaar, Langhaar (Bartkaninchen, Angora, Fuchskaninchen, Jamora, Löwenkopfkaninchen), Kurzhaar (Rexkaninchen) und Strukturhaar (Satinkaninchen).

Bänderung bei wildfarbigem Haar

Siehe auch: Pigmenttyp-Umschaltung.

E. Contes untersuchte „über viele Jahre hinweg“ Haarcharakteristika bei normalhaarigen Rassekaninchen „vorwiegend mit wildgrauer Färbung“ oder „auch andere, z.B. chinchillafarbige oder eisengraue Tiere, Weiß- und Schwarzgrannen“ (ZDK Standard). Er hielt seine Beobachtungen „penibel“ fest und erstellte „nahezu 600 Präparate“. Daraus ging hervor:3)4)5)

Abb. 1: Schematische Darstellung zur Veranschaulichung der Bänderung bei wildfarbigem Fellhaar; nach Contes, 2003-2011

Bei Rexkaninchen liegen die dunklen Deck- und Unterhaarspitzen sowie die Wildfarbzone des Deckhaars und die Zwischenfarbzone des Unterhaars auf etwa gleicher Höhe, weshalb keine Kränzchenzone gebildet wird.6)

Die folgenden Kapitel – Normalhaar, Langhaar, Kurzhaar, Strukturhaar – enthalten Ergebnisse weiterer, meist späterer Untersuchungen.

Normalhaar

Oznurlu et al., 20097) analysierten mikroskopisch Rückenhautgewebe von zehn weiblichen und zehn männlichen Weißen Neuseeländern und zählten durchschnittlich 41,3 Haarfollikel pro mm2 (6,6 primäre Haarfollikel und 34,7 sekundäre Haarfollikel; Tabelle 2, Langhaar).

Diribarne et al., 20118) – siehe Kurzhaar.

Neirurerová et al., 20199) zogen auf internationalen Kaninchenausstellungen in Nitra (Slowakei) über einen Zeitraum von fünf Jahren Haarproben von insgesamt 153 (Groß-)Chinchillakaninchen. Es wurden jeweils 10 Deckhaare aus dem Bereich der Schulter, des Rückens und des Oberschenkels gesammelt und anschließend deren Breite und Länge, sowie, mittels weiteren je 10 Deckhaaren, bestimmte Farbcharakteristika (Länge der Unterfarbzone, Ticking, Kränzchenzone) bestimmt.

Tabelle 1: Durchschnittliche Ergebnisse der ausgewählten Parameter (Neirurerová et al., 2019)

Parameter Schulter (mm) Rücken (mm) Oberschenkel (mm)
Maximale Breite des Deckhaars 0,106 ± 0,015 0,113 ± 0,019 0,104 ± 0,016
Gesamtlänge des Deckhaars 35,8 ± 5,254 36,4 ± 5,321 37,9 ± 3,947
Länge der Unterfarbzone 26,4 ± 5,619 26,9 ± 4,523 27,6 ± 3,484
Länge der „intermediate colour“ (Ticking) 4,8 ± 1,363 4,3 ± 1,336 5,1 ± 1,449
Länge der „terminal black line“ (Kränzchenzone) 4,7 ± 2,296 5,3 ± 1,996 5,3 ± 1,512

Langhaar

Oznurlu et al., 200910) untersuchten neben Neuseeländern auch Angorakaninchen - diese wiesen eine signifikant größere Anzahl von Haarfollikeln pro Flächeneinheit auf, besonders von sekundären Haarfollikeln.

Tabelle 2: Ergebnisse histomorphometrischer Analysen von Haarfollikeln - Anzahl pro 1 mm2, Biopsie im Monat November (Oznurlu et al., 2009)

Gruppe Anzahl primärer Haarfollikel Anzahl sekundärer Haarfollikel Anzahl Haarfollikel gesamt
Nach Geschlechtern Allgemein Nach Geschlechtern Allgemein Nach Geschlechtern Allgemein
Angora (weiblich, n=10) 4,1 ± 0,5 4,1 ± 0,5 88,4 ± 23,4 78,1 ± 22,6 92,6 ± 23,1 82,1 ± 22,7
Angora (männlich, n=10) 4,0 ± 0,5 67,8 ± 17,4 71,8 ± 17,7
Neuseeländer (weiblich, n=10) 6,8 ± 0,5 6,6 ± 0,6 39,3 ± 4,2 34,7 ± 6,1 46,1 ± 4,5 41,3 ± 6,5
Neuseeländer (männlich, n=10) 6,4 ± 0,4 30,0 ± 3,9 36,4 ± 4,1

Kurzhaar

Diribarne et al., 201111) fanden bei Rexkaninchen keinen signifikanten Unterschied zwischen der Länge des Deck- und Grannenhaars („outer coat“) und der Länge des Unterhaars („inner coat“), wohingegen bei normalhaarigen Kaninchen das „outer coat“ um 9,8 mm länger war. Die durchschnittliche Länge des Fellhaars war bei Rexkaninchen geringer als bei normalhaarigen Tieren.
Die Haardurchmesser verteilten sich folgendermaßen:

Bei Rexkaninchen ähnelte die Struktur der primären Haarfollikel jener der sekundären, außerdem wurde eine größere Anzahl an sekundären Haarfollikeln festgestellt.

Tabelle 3: Haareigenschaften von Rex- im Vergleich zu normalhaarigen Kaninchen (Diribarne et al., 2011)

Haartyp Tierzahl Gewellte Vibrissen vorhanden Mittlere Länge „outer coat“ (mm) Mittlere Länge „inner coat“ (mm) Anteil Unterhaare mit Durchmesser ≤ 20 µm (%) Anteil Deckhaare mit 20 µm < Durchmesser ≤ 45 µm (%) Anteil Grannenhaare mit 45 µm < Durchmesser (%)
Normalhaar 54 Nein 33,4 ± 3,3 23,6 ± 2,1 93,1 5,4 1,5
Rex (INRA, Frankreich) 44 Ja 18,9 ± 1,9 95,9 3,7 0,4

Strukturhaar

Castle & Law, 193612) stellten unter dem Mikroskop fest:
Bei fertig entwickeltem Satinhaar sind die Zellen des Haarmarks (Medulla) verdichtet – es gibt keine luftgefüllte Markröhre wie bei Normalhaar. Die Medulla geht nahtlos in die Haarrinde (Cortex) über, und beide Schichten besitzen eine ähnliche Struktur. Die Haarrinde und ihre äußere Schicht, das Haaroberhäutchen (Cuticula), sind dünner und die Cuticula ist glatter als bei Normalhaar. Insgesamt besitzen Satinhaare einen kleineren Durchmesser als Normalhaare (Abbildung 2).

Abb. 2: Oberflächen und Längsschnitte von A) Normalhaar mit luftgefüllter Medulla, umgeben von Cortex und Cuticula, B) Satinhaar mit veränderter Struktur und geringerem Durchmesser (jeweils links Deck- und rechts Unterhaar); Castle & Law, 1936

Fellhaarwechsel

Allain, 202113)(S. 106) erklärte:

Jugendlicher Fellhaarwechsel bei heranwachsenden Kaninchen

„Bei jungen Kaninchen gibt es drei Felltypen: 1) Das Fell neugeborener Kaninchen hört auf zu wachsen, wenn das Tier (einer durchschnittlich großen Rasse) etwa 0,4 kg wiegt; 2) Das Jungtierfell ist, abhängig vom Gewicht des Tieres, mit etwa acht bis zehn Wochen ausgereift; 3) Das Fell subadulter Kaninchen ist ab etwa fünf Monaten ausgereift.“

Saisonaler Fellhaarwechsel bei erwachsenen Kaninchen

„Fellhaarwechsel bei erwachsenen Kaninchen werden vom jahreszeitlichen Wechsel der Tageslänge bestimmt und finden im Frühjahr und Herbst statt. Im Frühjahr ist der Verlust des Winterfells deutlich sichtbar; der Verlauf ist jedoch langsam und unregelmäßig – im Sommer wird selten ein stabiler Zustand erreicht. Das Sommerfell ist kurz und dünn, da sich sekundäre Haarfollikel zurückbilden, ohne dass das Haar ersetzt wird. Im Herbst werden alle Haarfollikel in relativ kurzer Zeit reaktiviert, und das Fellhaar wird lang und dicht.“

[sinngemäß übersetzt, Anmerkung KH]


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1) , 8) , 11)
Diribarne, M., Mata, X., Chantry-Darmon, C., Vaiman, A., Auvinet, G., Bouet, S., … & Guérin, G. 2011. A deletion in exon 9 of the LIPH gene is responsible for the rex hair coat phenotype in rabbits (Oryctolagus cuniculus). PLoS One, 6(4), e19281.
2)
Vogt, W., Olinger, R., Haman, U., Eber, M., Caithamlova, D., Weissenbacher, Y. 2024. Europa Standard. Herausgeber: Standardkommission der Sparte Kaninchen im Europäischen Verband für Geflügel-, Tauben-, Vogel-, Kaninchen- und Caviazucht. 03-2024.
3)
Contes, E. 2003. Die Behaarung des Normalhaarfells und die Haarfarbzonen der Haararten. Kaninchen 4/2003. Deutscher Bauernverlag. 12-13.
4)
Contes, E. 2008. Kritische Anmerkungen zur Fellhaar- und Farbbeschreibung – Untersuchung der Haararten und Farbzonen bei wildfarbigen Normalhaarrassen. Kaninchenzeitung 13/2008. HK-Verlagsgesellschaft. 12-15.
5)
Contes, E. 2011. Unsere Standards und deren Überbetonung der „Unterwolle“ – Anmerkungen bezüglich der Haararten des Kaninchens. Kaninchenzeitung 19/2011. HK-Verlagsgesellschaft. 16.
6)
Contes, E. 2011. Anmerkungen zur Haarstruktur unserer Rexkaninchen. Kaninchenzeitung 14/2011. HK-Verlagsgesellschaft. 25.
7) , 10)
Oznurlu, Y., Celik, I., Sur, E., Telatar, T., & Ozparlak, H. 2009. Comparative skin histology of the white New Zealand and Angora rabbits. J Anim Vet Adv, 8, 1694-701.
9)
Neirurerová, P., Fik, M., Andreji, J., & Mamojková, E. 2019. Analysis of coat quality of Chinchilla rabbit breed. Acta fytotechn zootechn, 22(1), 17-20.
12)
Castle, W. E., & Law, L. W. 1936. Satin, a new hair mutation of the rabbit. J. Hered. 27, 235-240.
13)
Allain, D. 2021. Genetics of fibre and fur production in rabbits. In: The genetics and genomics of the rabbit (pp. 104-119). Wallingford UK: CABI. ISBN: 9 781 78064 3342.