Inhaltsverzeichnis
Verhalten
Auf Grund der Domestikation haben sich bei Hauskaninchen Veränderungen in einigen Verhaltensweisen ergeben, die sich vor allem aus dem fehlenden Überlebenskampf in der Natur ergeben. Außerdem können Verhaltensweisen in der Aufzucht und Haltung beeinflusst werden, die vererbt werden.
Im Folgenden wird das Verhaltensinventar im Vergleich von Wild- und Hauskaninchen (Hermelin, Holländer) aus Beobachtungen in Freilandgehegen von Kraft, 19761), sowie einer Zusammenfassung von Kraft, 19782) beschrieben.
Weitere Beschreibungen für Verhaltensweisen stammen von Lincke, 19433), Southern, 19484), Lockley, 19615), Lockley, 19646). Zitierungen aus den Arbeiten sind „kursiv“ formatiert.
Ergänzt werden diese durch eigene Beobachtungen an Heim- und Wildkaninchen, die in Klammern mit (A. R.) angegeben werden. Bei den Wildkaninchen handelt es sich um verschiedene Gruppen, die im Südwesten von Deutschland leben, bei den Heimkaninchen um Tiere in Freilandhaltung.
Die Bilder von Wild- und Heimkaninchen als Beispiele für verschiedene Verhaltensweisen sind vergleichbar mit denen in der Originalarbeit von Kraft, 1976.
Verhaltensinventar
Allgemeine Bewegungsformen
Ruhe und Schlaf
Orientierungsverhalten
Nahorientierung
Fernorientierung
Verhalten des Schutzes und der Verteidigung
Komfortverhalten
Stoffwechselbedingtes Verhalten
Lautäußerungen
Schreien schrille, langgezogene Schreie … bei Schmerz und in großer Angst. | |
Nasalgrunzen Leise, langgezogene Grunzlaute folgen aufeinander, die in Rhythmus und Klangfarbe an das Gurren von Haustauben erinnern. Der Mund ist dabei geschlossen, die Laute scheinen im Rachen erzeugt und durch die Nase ausgestoßen zu werden. Diese Lautäußerung tritt bei Weibchen auf, die von Hännchen sexuell bedrängt werden und einer Kopulation abgeneigt sind. | |
Nieslaut Wildkaninchen [stoßen] während der Ejakulation einen dem Niesen ähnlichen Laut aus, wobei sie gleichzeitig seitlich oder nach hinten von der Häsin herabfallen |
Soziales Verhalten
Neutrales Kontaktverhalten
Freundliche Verhaltensweisen
Aggressives Verhalten
Bei Wild- und auch Hauskaninchen sind zwei feste Rangordnungen für Männchen und Weibchen getrennt ausgebildet. Männchen behandeln normalerweise nur andere, in der Rangordnung tieferstehende Männchen aggressiv, Weibchen nur rangtiefere Weibchen. Die Tiere wehren sich niemals gegen Angriffe eines Ranghöheren, sondern fliehen stets vor diesem. Es kam deshalb im Gehege zu keinen Kämpfen, solange die Rangordnung nicht verändert wurde. Als aggressive Verhaltensweisen gegen rangniedrigere Tiere treten hauptsächlich Vorstoßen und aggressives Jagen auf, die in den meisten Fällen zu keiner Verletzung des Artgenossen führen.
Defensives Verhalten
Fliehen Da eine Demutsgebärde fehlt, entziehen sich die Tiere den Angriffen Ranghöherer durch Flucht, was eine aggressive Verfolgung nach sich zieht. Die gejagten Tiere fliehen in andere Gehegeteile, jedoch nie in die Baue. | |
Überspringen Ein angegriffenes Tier springt über den Angreifer hinweg. Wenn sich der Angreifer daraufhin dem betreffenden Tier erneut zuwendet, kann dieses nochmals über ihn hinwegspringen. Ein Angreifer kann auf diese Weise mehrmals in wechselnden Hichtungen übersprungen werden. Auch artfremde Angreifer werden übersprungen. |
Verhaltensweisen der Werbung und Paarung
Werbendes Treiben Die Heibchen entziehen sich einer sexuellen Annäherung der Männchen in den meisten Fällen, indem sie sich langsam hoppelnd entfernen. Wenn das Männchen dem Weibchen nachfolgt, entspannt sich daraus das werbende Treiben, bei dem sich beide Partner relativ langsam fortbewegen. Das Weibchen hoppelt voraus, der Bock folgt ihm und versucht, es einzuholen. | |
Blumenweisen Der Schwanz wird nach oben auf den Rücken gelegt und dadurch das gesamte Analfeld caudalwärts gerichtet und augenfällig präsentiert. | |
Anharnen Der Bock läuft in etwa 1/2 m Abstand an der Häsin vorbei. Wenn er sich auf gleicher Höhe mit ihr befindet, schleudert er sein Hinterteil ruckartig 1 - 2 mal auf die Seite in Richtung auf die Häsin. Wenn er gleichzeitig harnt, wird der austretende Harn in einem Strahl auf die Häsin gerichtet. Gelegentlich ist während des seitlichen Schleuderns des Hinterleibes jedoch kein Harnstrahl zu sehen, d.h. der Bock führt die Bewegung aus, ohne zu harnen. |
Markierungsverhalten
Alarmsignale
Spielverhalten
Wildkaninchen, die älter als zwei bis drei Monate sind, zeigen kein Spielverhalten mehr. Bei Hauskaninchen sind die beschriebenen Bewegungsspiele bis zum Alter von drei bis vier Monaten zu beobachten. Gelegentlich zeigen bei ihnen auch adulte Tiere Bewegungsspiele, die Weibchen häufiger als die Männchen.
Solitäre Bewegungsspiele, Hopsen (engl. „binkying“) Die Tiere springen senkrecht etwa 1/2 m in die Höhe, wobei alle vier Extremitäten den Boden nahezu gleichzeitig verlassen. Das Tier landet auf der Stelle, von der es hochgesprungen ist. Während des Sprunges kann der Kopf geschüttelt oder der Hinterleib schnell seitlich hin und her geschüttelt werden. | |
Solitäre Bewegungsspiele, plötzliches Losrennen Die Tiere legen unvermittelt mit hoher Geschwindigkeit eine Strecke von 1/2 bis 2 m, manchmal auch mehr, zurück und bleiben dann abrupt stehen. Nach einigen Sekunden rennen sie wieder mit hoher Geschwindigkeit los, meist in entgegengesetzter Richtung. Tritt vor allem bei jungen Tieren bis zum Alter von 6 - 8 Wochen auf, hat jedoch keinerlei Aufforderungscharakter oder Bezug zum Artgenossen. | |
Solitäre Bewegungsspiele, Hoppeln und Hochspringen Die Tiere hoppeln eine längere Strecke mit hoher Geschwindigkeit und großen, Bewegungsluxus, d.h. der Hinterleib wird mit den Hinterläufen so stark abgestoßen, daß er nicht nur nach vorn, sondern auch nach der Seite oder nach oben geschleudert wird. Dazwischen vollführen die Tiere Sprünge von etwa 1/2 m Höhe, während der wie beim Hopsen der Kopf oder der Hinterleib seitlich geschüttelt wird. |
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