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Evidenz
Ursprünglich wurde unter dem, aus dem lateinischem „evidens“ entlehnten, Substantiv „Evidenz“ der Augenschein, die Sinnfälligkeit verstanden.1) So ist beispielsweise evident, dass ein Apfel runde Formen aufweist. Es ist augenscheinlich und bedarf keines weiteren Beweises.
In Meyers Konversations-Lexikon, 1875 wurde evident, als offenbar, augenscheinlich und die Evidenz mit Augenscheinlichkeit, überzeugende Gewissheit, Zuverlässigkeit des Erkennens geführt.2)
Im „Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache“ wird wörtlich formuliert: evi|dent <Adj.> [lat. evidens (Gen.: evidentis), zu: videre = sehen]: 1. (bildungsspr.)
a) unmittelbar einleuchtend, keines Beweises bedürfend: eine -e Aussage, ein -er Satz; es ist e., dass kein Marxist sich auf diese Argumentation einlassen könnte (Heringer, Holzfeuer 64)3);
b) augenfällig, offenkundig: eine -e Tatsache; seine Dummheit ist e.; es ist e., dass dem so ist; die Beispiele machen diesen Sachverhalt e.; er ist e. benachteiligt; so wurde wieder einmal e., welch eminent bedeutender Träger individueller und kollektiver Erinnerung der so genannte Dokumentarfilm ist (NZZ 23. 10. 86, 45). 2. *e. halten (österr. Amtsspr.: in Evidenz halten).
In späteren Definitionen für eine Evidenz wurde die Erklärung, warum es für sie im philosphischen Sinn keines Beweises bedarf, nicht mehr miterwähnt.
Weitere Beispiele für die Bedeutung von „Evidenz“, finden sich auf der Webseite „Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache“ (DWDS).4)
Evidenz in der deutschen Wikipedia
In der deutschen Wikipedia ein5), ergeben sich für „Evidenz“ folgende Auswahlmöglichkeiten:
„Evidenz (lat. evidentia ‚Einsichtigkeit‘) steht für:
- Empirische Evidenz, empirische Nachweise in den Wissenschaften
- Evidenz (Philosophie), Offensichtlichkeit; unmittelbare, unbezweifelbare Einsicht
- Evidenz (Rhetorik), rhetorische Figur
- ein berechenbares Maß der Wahrscheinlichkeit in der Evidenztheorie von Dempster und Shafer“
Im Artikel „Evidenz (Philosophie)“ wurde von einem unbekannten Autor festgelegt: „Evidenz bezeichnet in der Philosophie das aufgrund von Augenschein oder zwingender Schlussfolgerung unbezweifelbar Erkennbare oder die dadurch erreichte unmittelbare Einsicht.[1] Eine aufgrund von Evidenz gewonnene Gewissheit wird als selbstverständlich empfunden, für die es keiner Beweisführung bedarf. In einer philosophiegeschichtlichen Sichtweise wird der Begriff Evidenz in den jeweiligen Positionen mit eigenen Inhalten ausgefüllt. Das Adjektiv evident wird im Sinne von „offensichtlich“ auch außerhalb der Philosophie in beliebigen Kontexten verwendet.[2]“6)
Bei der ersten Quelle [1] handelt sich um ein Online-Lexikon von Rudolf Eisler aus dem Jahr 1904.7) Dort wird folgendes angegeben: „Evidenz (evidentia): Augenscheinlichkeit, Einsicht, intuitiv fundierte Gewißheit, unmittelbare Gewißheit des anschaulich Eingesehenen oder des notwendig zu Denkenden.. Der Zusatz (Quelle [2]), dass es dafür “keiner Beweisführung bedarf„, stammt aus dem Duden-Online, Bedeutung 1a.
Im Artikel “empirische Evidenz„ in der deutschen Wikipedia wird diese folgendermaßen definiert: „Empirische Evidenz (englisch empirical evidence) oder kurz Evidenz ist eine Bezeichnung für das Beweismaterial, das in den Wissenschaften gefordert wird, um Behauptungen, Hypothesen, Thesen oder Theorien von gesichertem Wissen unterscheiden zu können. Man spricht auch von empirischen Belegen oder empirischen Nachweisen (oder kurz von Belegen bzw. Nachweisen).“8)
Evidenz in der Wissenschaft (EbM)
In einem Lehrbuch zur Evidenzbasierten Medizin (EbM) wird zum Sprachgebrauch des Wortes „Evidenz“ und ihres Erlangens in der Wissenschaft konstatiert: „Schon alleine das Wort Evidenz wird als Beweis im Sinne von alleiniger Wahrheit falsch verstanden: »evidence« – Evidenz – ein Homonym: Im Lateinischen bedeutet Evidenz soviel wie augenscheinlich, einleuchtend, klar, offensichtlich. Bezogen auf einen griechischen Ursprung enarges heißt es soviel wie klar, anschaulich. Im Deutschen wie im Englischen wird Evidenz zwar per Lexika genauso definiert, im Sprachgebrauch aber gleichbedeutend gesetzt mit einem Tatbestand, der keines weiteren Beweises, keiner weiteren Überprüfung bedarf, also einer eigentlich auf juristische Belange ausgerichtete Bedeutungsübertragung. Oft werden Beweis und Evidenz synonym verwendet. Im Kontext mit EBM – unter Anwendung von Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie als Definitionsgrundlage – bedeutet es aber soviel wie Indizien für die wahrscheinlich(st)e Richtigkeit. Und diese Definition ist gemeint, wenn man von evidence based Medicine spricht: »available facts, circumstances, etc. indicating whether a thing is true or valid« (Oxford English Dictionary, 1989, Oxford University Press).
… Die Hypothesen, die der Forschung zu Grunde liegen, werden mit Methodiken geprüft: Experiment, Test, Befragung, Beobachtung, Messen. Die Induktion beinhaltet, dass man die Richtigkeit einer Hypothese, eines Satzes, durch die Überprüfung von Einzelfällen in der Wirklichkeit feststellt, d. h. man überprüft, ob eine Verallgemeinerung möglich ist.
… Ein statistischer Test sagt beispielsweise nichts über die Richtigkeit der Versuchsplanung aus. Er untersucht lediglich die Frage, ob die Ergebnisse der untersuchten Stichprobe trotz der zufallsbedingten Streuung auf die Grundgesamtheit übertragbar sind, d. h. verallgemeinert werden dürfen (Induktionsschluss). Der Begriff »signifikant« macht auch keine Aussage darüber, ob das gefundene Ergebnis relevant ist bzw. ob der Versuchsaufbau korrekt ist. Das Ziel ist es, systematische Fehler so gering wie möglich zu halten und zufällige Fehler zu minimieren. Die Beurteilung darüber gelingt also nicht nur anhand der bloßen Betrachtung statistischer Tests, was für sich genommen schon oft erhebliche Schwierigkeiten macht.“9)
Im Lehrbuch „Basiswissen Medizinische Statistik“ wird „Evidenz“ definiert als „wissenschaftliche und objektive Belege“.10)
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