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Populationsgenetik
„Rabbits exhibit exceptional phenotypic diversity, are of great commercial value, and serve as important animal models in biomedical research.“
Carneiro et al., 20111)
Sowohl historische Berichte als auch jüngere populationsgenetische Analysen (z.B. Carneiro et al., 20112) oder Alves et al., 20153); siehe auch: Geschichte) deuten darauf hin, dass die heutigen Hauskaninchen allein von einer französischen Population der Unterart O. c. cuniculus abstammen, bei der sich während oder nach dem Eiszeitalter (Pleistozän), jedoch noch Tausende Jahre vor ihrer Domestikation, ein genetischer Austausch mit einer weiteren Unterart, O. c. algirus, ereignete. Im Vergleich zu anderen Tierarten fand die Domestikation von Kaninchen erst sehr viel später und ausschließlich in Westeuropa statt. Die Ergebnisse von Carneiro et al., 2011 lassen außerdem vermuten, dass die nacheiszeitliche Besiedelung Südfrankreichs durch O. c. cuniculus, ausgehend von der Iberischen Halbinsel, bzw. insbesondere der initiale Domestikationsprozess (Haltung von Wildkaninchen in Klöstern, ummauerten Gehegen oder auf kleinen Inseln; Zähmung ab etwa 600 n. Chr), mit einem starken genetischen Flaschenhals (Bottleneck) einherging: es waren wohl höchstens ∼1.200 Individuen - weibliche und männliche Tiere zu etwa gleichen Anteilen - an der Haustierwerdung beteiligt, und nur etwa 60% der in der französischen Ursprungspopulation vorhandenen genetischen Variabilität (oder: genetischen Vielfalt) sei erhalten geblieben.
Für ihre vergleichende Untersuchung von DNA-Sequenzen - autosomale und X-chromosomale Introns, weitere Fragmente - zogen sie Wildkaninchen (O. c. algirus aus dem Südwesten der Iberischen Halbinsel, n=10, und O. c. cuniculus aus dem Nordosten der Iberischen Halbinsel, n=12, oder aus Frankreich, n=15) sowie Hauskaninchen verschiedener Rassen (Hasenkaninchen, Champagne d'Argent, Chinchilla, Englische Widder, Englische Schecken, Burgunder, Französische Angora, Belgische Riesen, Kalifornier, Ungarische Riesen, Weiße Neuseeländer, Hermelin, Thüringer, Weiße Wiener und Rex; n=25) heran. Die Rassen wurden so ausgewählt, dass sie ein breites Spektrum von Phänotypen repräsentieren, möglichst alt und nur wenig miteinander verwandt sind, sowie verschiedene Nutzungszwecke widerspiegeln.
Ähnliche Ergebnisse erzielten Alves et al., 20154); hier wurde ein Verlust genetischer Variabilität von 12% während der nacheiszeitlichen Besiedelung Frankreichs, von 21% während dem folgenden initialen Domestikationsprozess, sowie von weiteren durchschnittlich 23% während der späteren Rassenbildung (16.-20. Jahrhundert) abgeleitet. Die Diskrepanz zu Carneiro et al., 2011 – 21% vs. ~40% – sei erklärbar durch 1) die Verwendung von Mikrosatelliten anstelle von SNPs (siehe Bestimmung genetischer Variabilität); 2) eine größere Stichprobe; 3) unterschiedliche Methoden der statistischen Auswertung.
Eine weitere, übereinstimmende Feststellung beider Arbeiten war die starke genetische Differenzierung zwischen den betrachteten Kaninchenrassen, d.h. die Rassen zeichneten sich durch weitgehend geschlossene, rassespezifische Genpools aus.
Alves et al., 2015 bezogen insgesamt 471 Kaninchen ein: Wildkaninchen der Unterarten O. c. cuniculus aus dem Nordosten der Iberischen Halbinsel (n=39) oder aus Frankreich (n=92); Hauskaninchen der Rassen Hasenkaninchen, Champagne d'Argent, Chinchilla, Englische Schecken, Englische Silber, Burgunder, Französische Angora, Französische Widder, Belgische Riesen, Kalifornier, Ungarische Riesen, Neuseeländer, Farbenzwerge, Castor-, Chinchilla- (und Weiß-)Rexe, Thüringer und Weiße Wiener (n=340).
Bestimmung genetischer Variabilität
Der vererbbaren phänotypischen Variabilität bei Lebewesen liegt meist eine genetische Basis, d.h. ein Polymorphismus auf DNA-Sequenzebene, zugrunde. Mit der Entwicklung molekularer Methoden ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde es möglich, diese genetische Variabilität zu bestimmen, und moderne Hochdurchsatz-Sequenziermethoden (next-generation sequencing, NGS) erlauben es sogar, Polymorphismusdaten über gesamte Genome hinweg zu ermitteln.
Molekulare Varianten, die beim Sequenzieren entdeckt werden, sind: Einzelnukleotidpolymorphismen (single nucleotide polymorphisms, SNP), Insertionen und Deletionen (sogenannte indels, Indels) oder repetitive Sequenzen (tandem arrays, Satelliten).5)
Eine Möglichkeit zur Quantifizierung der Variabilität einer Stichprobe (von n homologen DNA-Sequenzen) ist die Berechnung der Nukleotiddiversität π: sie beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass zwei zufällig gewählte Sequenzen einer Stichprobe an einer Nukleotidstelle verschieden sind.6)(S. 8)
In Carneiro et al., 20117) waren die Durchschnittswerte für πHauskaninchen vergleichbar mit Werten, die zuvor, in anderen Studien, für domestizierte Arten wie Rinder oder Hunde ermittelt worden sind, allerdings, sowohl für das X-Chromosom als auch für die Autosomen, deutlich kleiner als die entsprechenden Durchschnittswerte für πWildkaninchen (Tabelle 1).
Tabelle 1: Nukleotiddiversitäten für Wildkaninchen- und Hauskaninchenpopulationen (neun autosomale und sieben X-chromosomale Loki zusammengefasst)8)
| Population | Durchschnitt π (%) |
|---|---|
| O. c. algirus (Wildkaninchen, Iberische Halbinsel) | 0,648 |
| O. c. cuniculus (Wildkaninchen, Iberische Halbinsel) | 0,625 |
| O. c. cuniculus (Wildkaninchen, Frankreich) | 0,368 |
| O. c. cuniculus (Hauskaninchen) | 0,195 (0,000-0,760 für die verschiedenen Loki) |
In einer Folgestudie (Carneiro et al., 20129)) mit größerem Datensatz waren die ermittelten Nukleotiddiversitäten für Wildkaninchen (Tabelle 2) in etwa vergleichbar mit jenen aus Carneiro et al., 2011 (Tabelle 1) – Sequenziert wurde das Transkriptom aus Hirngewebe von jeweils sechs (je 3x weiblich und 3x männlich) nicht verwandten Tieren der beiden Unterarten O. c. algirus (insgesamt 3.547 Protein-codierende Gene) und O. c. cuniculus (insgesamt 3.484 Protein-codierende Gene); Referenzgenom: OryCun2.0 (siehe Referenzgenome).
Die Ergebnisse dieser Arbeit stützen außerdem die Annahme, dass das - im Vergleich zu anderen Säugetierarten wie des Menschen - sehr hohe Maß an genetischer Vielfalt beim Europäischen Wildkaninchen wahrscheinlich auf eine große effektive Populationsgröße (Ne) zurückzuführen ist.
Tabelle 2: Nukleotiddiversitäten für nicht-synonyme (NonSyn) und synonyme (Syn) SNPs bei Wildkaninchen10)
| Unterart | Durchschnitt π (%) | ||
|---|---|---|---|
| O. c. algirus | Autosomal | NonSyn | 0,043 |
| Syn | 0,807 | ||
| X-chromosomal | NonSyn | 0,012 | |
| Syn | 0,467 | ||
| O. c. cuniculus | Autosomal | NonSyn | 0,038 |
| Syn | 0,722 | ||
| X-chromosomal | NonSyn | 0,012 | |
| Syn | 0,293 |
Neben der Nukleotiddiversität gibt es weitere Parameter, die sich als Indikator für genetische Variabilität eignen und zum Verständnis von Verwandschaftsbeziehungen (Rasse-Historie, Inzucht-Level) beitragen können (mehr dazu unter Populationsmanagement und Genomweite Assoziationsstudien).
Referenzgenome
Aufgrund seiner Position im phylogenetischen Stammbaum der Säugetiere (Ähnlichkeit zum menschlichen Genom) und seiner bedeutenden Rolle als Modelltier in der biomedizinischen Forschung wurde das Kaninchen für das „Mammalian Genome Project“ ausgewählt - in diesem Rahmen wurde erstmals das gesamte Genom einer Neuseeländer-Häsin sequenziert (Broad Institute, USA; Lindblad-Toh et al., 201111)). Das resultierende Referenzgenom aus dem Jahr 2005 wurde „OryCun1“ genannt. Kurz darauf wurde das Kaninchengenom ein zweites Mal vollständig sequenziert (OryCun2.0; Broad Institute, USA; 2009). Neben dem Kern-Genom enthält das verbesserte OryCun2.0 auch eine Zusammenstellung des mitochondrialen Genoms.
Tabelle 3: Referenzgenome der Art Oryctolagus cuniculus
| Referenzgenom (Assembly) | Ursprung (Rasse, Geschlecht) | GenBank-Nummern | Coverage (x-fold) | Gesamtlänge (Gb) | Referenzen |
|---|---|---|---|---|---|
| OryCun1(.0) | Weiße Neuseeländer (Thorbecke inbred), 0.1 | AAGW00000000.1 (NCBI) | 2,0 | 2,08 | Lindblad-Toh et al., 201112) |
| OryCun2.0 | Weiße Neuseeländer (Thorbecke inbred), 0.1 | AAGW00000000.2 (NCBI)/ GCA_000003625.1 (EMBL-EBI/ Ensembl) | 7,48 | 2,74 | Lindblad-Toh et al., 201113); Carneiro et al., 201414) |
| UM_NZW_1.0 | Weiße Neuseeländer (Lebergewebe), 1.0 | VIYN00000000.2 (NCBI) | 40,0 | Bai et al., 202115) | |
| mOryCun1.1 | UK, 0.1 | GCF_964237555.1 (NCBI) | 31 | 2,8 | Wellcome Sanger Institute, 2024; Darwin Tree of Life |
Genomweite Identifikation von Polymorphismen
Fontanesi et al., 201216) identifizierten 155 Copy number variations (CNVs), die etwa 0,3% des Referenzgenoms OryCun2.0 abdeckten; sie verwendeten DNA-Proben von: Commercial white line (0.1), Riesenschecke (0.1), Champagne d'Argent (1.0), sowie Referenz-DNA von einer ingezüchteten Rheinischen Schecke (0.1).
Die erste genomweite Identifizierung von SNPs im Kaninchengenom wurde von Bertolini et al., 201417) durchgeführt. Aus einer gepoolten DNA-Probe von 10 Kaninchen verschiedener Rassen wurden zwei sogenannte reduced representation libraries (RRLs) erstellt und sequenziert. Die RRLs deckten etwa 16% des OryCun2.0 Referenzgenoms ab, und es wurden 62.491 SNPs identifiziert.
Carneiro et al., 201418) beschrieben schließlich die Sequenzierung und Zusammenstellung des OryCun2.0 Referenzgenoms und berichteten nach der Ganzgenomsequenzierung verschiedener DNA-Pools – von Hauskaninchenrassen (Hasenkaninchen, Holländer, Französische Widder, Champagne d'Argent, Belgische Riesen, Weiße Neuseeländer) oder Wildkaninchen (O. c. c. aus Frankreich, O. c. c. oder O. c. a. von der Iberischen Halbinsel) – von etwa 50 Mio. SNPs sowie 5.6 Mio. Indels.
Nukleotiddiversitäten (in Arbeit)
π, Carneiro et al., 2014; Watterson’s θ, Makino et al., 201819)
Genomweite Assoziationsstudien
Genomweite Assoziationsstudien (genome-wide association studies, GWAS) können sogenannte genomische Signaturen (signatures of selection/ selection signatures) aufdecken, d.h. genetische Marker, die (u.a.) als Konsequenz einer künstlichen, gerichteten Selektion zustande kommen. Unter Zuhilfenahme eines Referenzgenoms können diese Signaturen zugeordnet und schließlich – mittels Integration weiterer Datensets und Anwendung rechnerischer Methoden – mögliche (nicht: kausale) Zusammenhänge zwischen Genen, die sich in der Region einer Signatur befinden, und bestimmten Phänotypen abgeleitet werden. Auch eine Bewertung der genetischen Variabilität (Verwandtschaftsbeziehungen) in oder zwischen den untersuchten Populationen ist möglich.
Eine Auswahl:
Casto-Rebollo et al., 202020) und Casto-Rebollo et al., 202121)
Ballan, Bovo et al., 2022
Ballan, Bovo et al., 202222)
- Genomweite Analyse von genomischen Signaturen anhand von high-density SNP-Daten bei Kaninchen, mittels Affymetrix Axiom OrcunSNP array (200k; Affymetrix Inc., USA) und Referenzgenom OryCun2.0; Identifikation der genomischen Signaturen basierend auf Berechnung des Fixierungsindex FST; außerdem: PCAdapt - eine Methode zur Erkennung von Ausreißer-SNPs;
- Untersuchte Rassen: „commercial meat rabbit breeds (Italian Silver, Italian Spotted, Italian White)“ und „fancy rabbit breeds (Belgian Hare, Burgundy Fawn, Champagne d’Argent, Checkered Giant, Coloured Dwarf, Dwarf Lop, Ermine, Giant Grey, Giant White, Rex, Rhinelander, Thuringian)“ (ANCI, Italien), insgesamt 660 Kaninchen;
- Identifizierte genomische Signaturen: 309; assoziierte Gene mit bereits bekannter Funktion z.B.: ASIP, MC1R, TYR (Fellhaarfarbe, 23)24)25)26)27)28)), LIPH (Kurzhaar, 29)), LCORL/NCAPG, COL11A1, HOXD (Körpergröße, 30)); neue Kandidatengene z.B.: EDNRA, EDNRB, MITF, OCA2 (Fellhaarfarbe), COL2A1 (Zwergwuchs).
Ballan, Schiavo et al., 2022
Ballan, Schiavo et al., 202231)
- Analyse von SNP-Array Datensets (Affymetrix Axiom OrcunSNP array; OryCun2.0), Identifikation von ROH (aufgrund fehlender Leitlinien vier verschiedene Ansätze getestet) und Berechnung des Inzuchtkoeffizienten FROH sowie weiterer genomischer Inzucht-Parameter, Identifikation von genomischen Signaturen;
- Untersuchte Rassen: „meat breeds (Italian White, n = 256; Italian Spotted, n = 93; Italian Silver, n = 20)“, „fancy breeds (Belgian Hare, n = 24; Burgundy Fawn, n = 6; Champagne d'Argent, n = 19; Checkered Giant, n = 79; Coloured Dwarf, n = 20; Dwarf Lop, n = 20; Ermine, n = 20; Giant Grey, n = 27; Giant White, n = 20; Rex, n = 19; Rhinelander, n = 28; and Thuringian, n = 9)“ (ANCI, Italien), außerdem eine auf kommerzielle Fleischproduktion selektierte „meat breed (n = 52)“, insgesamt 712 Kaninchen;
- Bei den Rassen Checkered Giant, Commercial Meat, Italian Spotted und Italian White (mit je n>50) wurden 22 unabhängige ROH Inseln identifiziert - als Kandidatengene wurden z.B. TRIB1 (Fettstoffwechsel, bei allen vier Rassen) oder OCA2 (Fellhaarfarbe, bei Riesenschecken) gelistet. „OCA2 codiert das Maus-Homolog p (pink-eyed dilution), von dem angenommen wird, dass es ein Melanozyten-spezifischer Transporter ist. Möglicherweise könnten, bisher ungeklärte, Wechselwirkungen zwischen den Genprodukten von OCA2 und KIT für die charakteristische Punktscheckung notwendig sein.“ Die höchsten FROH-Werte wurden bei Ermine, einer „seltenen Rasse“, festgestellt, während alle Fleischrassen eher niedrige Werte aufwiesen, was bei letzteren auf ein besseres Populationsmanagement hinweisen könne.
Ballan et al., 2023
Ballan et al., 202332)
- Folgestudie zu Ballan, Bovo et al., 2022 und Ballan, Schiavo et al., 2022 unter Anwendung zweier Haplotyp-basierter Methoden (integrierter Haplotyp-Score iHS und populationsübergreifende erweiterte Haplotyp-Homozygothie XP-EHH) zur Erfassung zusätzlicher genomischer Signaturen; Genotypisierung mittels Affymetrix Axiom OrcunSNP array; Kombination aller bisher erhaltenen Ergebnisse;
- Untersuchte Rassen: „fancy breeds (Belgian Hare, n. 24; Champagne d'Argent, n. 19; Checkered Giant, n. 79; Coloured Dwarf, n. 20; Dwarf Lop, n. 20; Ermine, n. 20; Giant Grey, n. 27; Giant White, n. 20; Rex, n. 19; and Rhinelander, n. 28)“ und „meat breeds (Italian White, n. 256; Italian Spotted, n. 93; Italian Silver, n. 20)“, insgesamt 645 Kaninchen;
- Es wurden zahlreiche Kandidatengene identifiziert, die bei Wachstumsprozessen, Körpermorphologie, Fleischqualität (z.B. LCORL, HMGA2, DDR2, GNRHR, SETD7, SOCS2, COL11A2, NCAPG2, SEMA4D, SMAD1, TGFBR2, ZFAT, KIF16B, PTPN2), Fellhaarfarbe (z.B. EDNRA, EDNRB, KIT, ASIP, OCA2, PAX2, TYRP1, KITL, MITF, TYR) oder Fellhaarstruktur (LIPH) eine Rolle spielen (können).
Alle Methoden und Rassen zusammenfassend wurden insgesamt 5.079 unabhängige genomische Regionen identifiziert, die Resultat von künstlicher Selektion sein könnten.
Eine gemeinsame genetische Abstammung wurde nachgewiesen: weitgehend für Giant Grey und Giant White, sowie Champagne d'Argent und Italian Silver; zu einem gewissen Ausmaß für Ermine, Dwarf Lop und Coloured Dwarf („The ear lop characteristic should have also contributed to genetically separating the Dwarf Lop from the Coloured Dwarf. […] Different genomic regions containing candidate genes might be involved in determining different dwarfisms and the adapted skull structure requested by the ear lop phenotype.“), sowie Rex, Coloured Dwarf und Dwarf lop. Dagegen waren Rhinelander und Belgian Hare genetisch deutlich von allen anderen Rassen differenziert.
Die Anwendung unterschiedlicher Methoden sei sinnvoll, um möglichst viele genomische Signaturen aufzudecken.
Begleitend findet sich eine vollständige Liste aller33)34)35) identifizierten genomischen Regionen.
Xie et al., 2024
Xie et al., 202436)
- (Bewertung der genetischen Variabilität innerhalb von und zwischen 11 chinesischen und japanischen Kaninchenrassen;) Ermittlung genomischer Signaturen hinsichtlich Fellhaarfarbe und -länge, Körpergröße, Fortpflanzungsleistung und Krankheitsresistenz (unter Einbezug europäischer Kaninchenrassen; OryCun2.0);
- Untersuchte Rassen: Angora (20x), Rex (15x), Kangda meat (KD, 15x), Laiwu Black (LWB, 20x), Jiuyishan (JYS, 20x), Sichuan White (SCW, 20x), Minxinan Black (MXN, 14x), Fujian White (FJW, 18x) (China, GWAS); Netherland Dwarf (14x, pool), Belgian Hare (17x, pool), Champagne d’Argent (16x, pool), Dutch (13x, pool), Flemish Giant (18x, pool), French Lop (20x, pool) (NCBI37)); New Zealand White (NZW, 12x), Watanabe heritable hyperlipidemic (WHHL, 10x), Japanese Large-ear White (JW, 10x) (NCBI38)); insgesamt 180 Kaninchen;
- Identifizierte „Top“-Kandidatengene:
Fellhaarfarbe: Beim Vergleich von weißen (Albino) mit nicht-weißen Rassen wurde eine Signatur auf OCU1 und vier assoziierte Gene entdeckt: TYR; GRM5, NOX4 (könnten die Expression von TYR beeinflussen); RAB38 (könnte den Transport von Tyrosinase und verwandten Enzymen zu den Melanosomen beeinflussen).
Beim Vergleich von schwarzen (MXN, LWB) mit andersfarbigen (nicht-weißen) Rassen (JYS, French lop, Dutch, Champagne, Belgian Hare, Netherland Dwarf) wurden mit ASIP und RALY (OCU4) assoziierte Signaturen entdeckt.
Kurzhaar (Rex): Beim Vergleich von Rex mit anderen Rassen wurden Signaturen entdeckt, die mit EPB41, WASF2 (OCU13; könnten die Entwicklung der Epidermis/ der Haarfollikel beeinflussen), sowie LIPH und benachbarten DNA-Regionen (OCU14) assoziiert sind.
Langhaar (Angora): Als Kandidatengene im Zusammenhang mit Haarwachstum bei Angora wurden identifiziert: MSX2, CERS6, HDAC9, RASA1, CLDN18 (könnten die Entwicklung der Haarfollikel beeinflussen).
Körpergröße: Beim Vergleich von großen (Belgian Hare, Champagne, Flemish Giant, French Lop, NZW, AN, REX, WHHL, JW, KD, LWB) mit kleinen (Netherland Dwarf, Dutch, JYS, SCW, MXN, FJW) Rassen wurden Kandidatengene identifiziert, die eng mit Wachstum, Entwicklung und Körpergröße zusammenhängen können: INSIG2, PRKCQ, GLI3, LGR4, NRXN3, ACOXL, MAP3K13, BCL6.
Fortpflanzungsleistung: Als Kandidatengene wurden PLCB1, PLCB1, GLI3, TGFB2 (Geschlechtsreife), sowie SST und EDNRA (Fruchtbarkeit) identifiziert.
Krankheitsresistenz: Beim Vergleich von einheimischen (JYS, SCW, FJW, and MXN) mit anderen Rassen wurden als Kandidatengene identifiziert: PLCB1, GSK3B, ISL1 (Anpassungsfähigkeit); PLD1, LAP3, CD86 und SEC31A (Immunkompetenz).
Chen et al., 2025
Chen et al., 202539)
- GWAS: 10x Fujian yellow (FJY, gelb), 10x Minxinan black und 10x Wanzai (schwarz);
- Kandidatengene für die gelbe Fellhaarfarbe bei FJY:
AHCY, EIF2S2, RALY und insbesondere ASIP (OCU4);
SNAI2 (OCU3; möglicherweise bedeutend für die Ausprägung der hellen Wildfarbigkeitsabzeichen).
Fekete et al., 2025
Fekete et al., 202540)
- Studie zur Überprüfung möglicher historischer Kreuzungen zwischen Wild- und Hauskaninchen, zur Bewertung des Inzuchtlevels innerhalb ungarischer Wildkaninchen-Populationen (ROH), sowie zur Identifikation genomischer Signaturen der Domestikation (composite likelihood ratio (CLR), Nukleotid-Diversität π und Fixierungsindex FST); Referenzgenom OryCun2;
- Untersuchte Tiere: Wildkaninchen aus Ungarn (n=6 und n=8 aus zwei verschiedenen Populationen); Rex (n=5), Thuringian (n=1), Californian White (n=3), Hycole (n=10), Zika (n=6) und New Zealand White (n=3) aus kommerzieller Haltung; dazu weitere 56 whole-genome sequencing (WGS)-Datensets aus der NCBI-Genbank41)42)43);
- Die drei Wildkaninchen-Populationen (iberisch, französisch, ungarisch) sowie die Gesamtheit der Hauskaninchen waren genetisch deutlich voneinander unterscheidbar – Untergruppierungen wurden z.B. für iberische und französische Wildkaninchen, Angora und Rex oder kleine und Zwerg-Rassen (Thüringer, Holländer und Farbenzwerge) festgestellt; dennoch gab es Hinweise auf einen historischen Genfluss zwischen französischen, bzw. ungarischen („wildHUb“) Wildkaninchen mit Hauskaninchen, sowie zwischen den Hauskaninchenrassen;
Innerhalb der Hauskaninchen-Population waren die japanischen Rassen (Japanese White, Watanabe) genetisch klar von allen anderen differenziert;
Bei einer der beiden ungarischen Wildkaninchen-Subpopulationen („wildHUb“, Zoopopulation) wurde ein vergleichsweise hohes Inzuchtlevel (lange ROH) ermittelt – über die ursprüngliche Herkunft dieser Tiere lagen keine Informationen vor;
Es wurden 46 DNA-Regionen identifiziert, die während der Domestikation potentiell positiv selektiert worden sind – neben Protein-codierenden Genen befanden sich dort auch bestimmte regulatorische Elemente. Bei Hauskaninchen waren mehrere Varianten stark differenziert – viele davon (69 %) sogar vollständig fixiert, jedoch mit jeweils nur geringer Auswirkung (übereinstimmend mit Carneiro et al. 201144)).
Zu den Genen mit den größten Allelfrequenzverschiebungen gehörten CFLAR (Entwicklung des Nervensystems) und LCORL (Körpergröße).
Zusammenfassend stützten die Ergebnisse frühere Erkenntnisse (Carneiro et al., 201445)), wonach Domestikation eher auf der Verschiebung von Allelfrequenzen an vielen Loki basiert als auf dem Auftreten neuer Varianten; und auch regulatorische Elemente könnten eine wichtige Rolle spielen.
Ping et al., 2025
Ping et al., 202546)
- Ziele: Charakterisierung von ROHs im Kaninchengenom, Berechnung mehrerer Inzuchtparameter (Inzuchtkoeffizienten FROH und FHOM, effektive Populationsgröße Ne, Heterozygotie Ho und He), Identifikation von Selektionstrends/ Kandidatengenen in verschiedenen Kaninchenpopulationen;
- Untersuchte Rassen: aus Europa Chinchilla (n=7) und Flemish Giant (n=7), aus China Fujian White (n=9), Fujian Yellow (n=10), Jiuyishan (n=24), Laiwu Black (n=10), Minxinan Black (n=10), Sichuan White (n=9) und Wanzai Black (n=10); außerdem Japanese white (n=10) und New Zealand White (n=11)47); insgesamt 117 Kaninchen;
- Die ROH-Muster und die Inzuchtparameter variierten zwischen den Rassen, und die Ergebnisse zeigten, dass FROH ein zuverlässiges Maß für den Inzuchtgrad darstellt (– der Inzuchtgrad war insgesamt hoch, wobei für Flemish Giant, mit z.B. FROH=0,14, eine vergleichsweise niedrige Inzucht ermittelt wurde);
unterschiedliche genomische Signaturen (ROH-Inseln) bei europäischen und chinesischen Kaninchenrassen verdeutlichten abweichende Selektionsprioritäten (europäische Rassen: Stoffwechsel und Wachstum – ELOVL3, NPM3, FAM184B, TWNK, NSMCE2; chinesische Rassen: Fortpflanzungsleistung und Anpassungsfähigkeit – CADPS2, FEZF1, RNF133, CFAP206, CPNE4, ASTE1, ATP2C1, EPHA7);
ROH-Analysen könnten Zuchtprogramme sinnvoll ergänzen.
Bovo et al., 2025
Bovo et al., 202548)
- Erstellung von Ganzgenom-Sequenzierungsdaten von Zwergwiddern und Untersuchung auf Vorliegen der Variante HMGA2 del; Kombination dieser Daten (gepoolte Probe) mit genomischen Informationen von Farbenzwergen und Nicht-Zwergrassen:
- Zwergwidder vs. Nicht-Zwergrassen;
- Farbenzwerge (Dw/dw oder dw/dw, Peanuts) vs. Nicht-Zwergrassen;
- Zwergwidder vs. Farbenzwerge (Dw/dw und dw/dw);
- Zwergrassen (Zwergwidder und Farbenzwerge) vs. Nicht-Zwergrassen;
sowie von Wildkaninchen;
Identifikation genomischer Signaturen basierend auf FST- (genetische Distanz zwischen Populationen), ergänzt durch HP-Statistik (genetische Vielfalt innerhalb einer Population); mOryCun1.1; - Identifikation von zwei der 14 Zwergwidder als Träger der HMGA2 del-Variante (Dw/dw);
Identifizierte Genpool-Gruppierungen: zwei Hauptzweige (Wildkaninchen und Hauskaninchen), zwei Unterzweige für Wildkaninchen (iberische und französische Population);
Mittels FST-Analyse identifizierte, relevanteste Signaturen:
- Zwergwidder vs. Nicht-Zwergrassen: FGFR3, LCORL-NCAPG, TOX (oder PLAG1), BMP2, EPB41L2;
- Farbenzwerge (Dw/dw) vs. Nicht-Zwergrassen: LCORL-NCAPG;
- Farbenzwerge (dw/dw) vs. Nicht-Zwergrassen: LCORL-NCAPG, STC2, COL11A1;
- Zwergwidder vs. Farbenzwerge (Dw/dw und dw/dw): CYLD, BOD1, STC2;
- (Alle) Zwergrassen vs. Nicht-Zwergrassen: LCORL-NCAPG;
Mittels HP-Analyse identifizierte, relevanteste Signaturen:
- Zwergwidder: COL2A, GHRHR;
- Farbenzwerge: CENPE;
(sowie mit FST-Signalen übereinstimmende Signaturen);
Einige der identifizierten Genvarianten traten ausschließlich bei Zwergkaninchen oder ausschließlich bei Zwergwiddern auf (SNPs oder Indels in insgesamt 47 (FST-Analyse), bzw. 34 (HP-Analyse) Genen/ Exons). So wurden z.B. bei allen Zwergkaninchen übereinstimmende Varianten in NICOL1, POLN, ZFYVE28, WFS1, DCAF16, LOC103350447 oder LOC138849597 gefunden; und ausschließlich bei Zwergwiddern waren Varianten fixiert, welche die Gene NICOL1, KIAA0232, LCORL, KICS2 oder ECD beeinflussen.
Schließlich: Bekräftigung der biologischen Relevanz von einigen der zuvor ermittelten Loki mittels Functional enrichment analysis;
Fazit: Die untersuchten Zwergwidder und Farbenzwerge waren genetisch nur wenig differenziert (– ihre geringe Körpergröße könnte dennoch teilweise auf unterschiedliche genetische Mechanismen zurückzuführen sein). Insgesamt stützten die Ergebnisse jedenfalls die Annahme, dass die geringe Größe von Zwergkaninchen auf einer polygenen Architektur, mit nur wenigen Haupt-Loki, basiere.
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